Mit Witz, Charme und auch mal provokant überzeugte die Vorlese-Kabarettgruppe "Die Wortlauten" mit einem literaturgeschichtlichen Abriss über die Beziehung von Mann und Frau im Spiegelsaal der Burg Namedy. Foto: Raphael Markert
Den rund 80 Besuchern im Spiegelsaal der Burg prophezeite Ralf Buchinger, gebürtiger Andernacher und Gründungsmitglied der im Jahr 2014 ins Leben gerufenen Gruppe, gleich zu Beginn ihrer Vorführung, dass sich die Zuschauer auch an so mancher Stelle des Programms selbst wiedererkennen werden - Seitenblicke in Richtung Partner inklusive. Gekonnt lieferten die drei Kabarettisten einen Abriss quer durch alle Epochen der literarischen Geschlechterdarstellung: Humorvoll stellten sie das Frauenbild in Goethes "Faust" dem von Jürgen von der Lippe gegenüber - und provozierten auch. Als die Gruppe auf Urteile und Vorurteile über die Geschlechter zu sprechen kam und Buchinger ein Zitat des österreichischen Schriftstellers Gabriel Barylli verlas - "Frauen denken nicht, sie tun nur so" -, war der Raum schlagartig vom entrüsteten, in erster Linie weiblichen, Lachen des bis dahin sonst so zurückhaltenden Publikums erfüllt.
Ja, ihr Programm soll auch provokant sein, erzählte Lena Teitge, die schon beim Radio Erfahrungen gesammelt hat und ebenfalls Mitgründerin der Gruppe ist, im Gespräch mit unserer Zeitung: "Der Zuschauer soll sich angesprochen fühlen, unser Programm reflektieren und am Ende vielleicht auch einen Schritt auf das andere Geschlecht zugehen." Dass sich die Geschlechterdarstellung nicht nur auf die Literatur beschränkt, wusste Elena Gontscharova zu vermitteln: Die russischstämmige Sängerin der Gruppe verstand es, die kabarettistische Abrechnung mit den Geschlechtern auf musikalisch hohem Niveau zu begleiten - und lieferte immer wieder das ernste Gegenstück zum sonst so heiteren Programm, als sie beispielsweise im Sopran Zarah Leanders sonst so tiefes "Kann denn Liebe Sünde sein" interpretierte. Dass das Namedyer Publikum in der ersten Hälfte der Vorstellung eher verhalten reagierte, merkte die Gruppe - und wusste damit umzugehen: Als die Kabarettistin Steffi Krieg - gleichzeitig Lebensgefährtin von Buchinger - nach der Pause über die Macken der Geschlechter philosophierte, blieb dann kaum noch ein Auge trocken.
"Man findet sich wieder - so manche Passage des Programms ist auch in unserer Beziehung ein Thema", berichteten die Zuschauer Ursula und Jürgen Kleineberg. Tatsächlich könne ihr Programm auch gewissermaßen als Paartherapie verstanden werden, erzählte die Gruppe, die zum ersten Mal in Namedy auf der Bühne stand. Mit Rainer Maria Rilkes Gedicht "Alles ist eins" erzählten die Kabarettisten einen versöhnlichen Abschluss in der sonst so konträren Mann-Frau-Beziehung und stellten fest: "Die Kontraste sind es doch, die uns am Ende zusammenschweißen." Sie meinten damit auch ihre eigene Formation: "Die Wortlauten" als Kabarettisten und Sänger verschiedenen Alters und Hintergrunds, unterschiedlichem Geschlechts, variierender Tonlage und Herkunft auf einer Bühne in Namedy - es hat funktioniert.